Captain Elias

Captain Elias

Die Zustände haben sich gebessert. Die Zahlen der geflüchteten Menschen, die in Griechenland ankommen, gehen zurück. Dennoch möchte ich an das Jahr 2015 erinnern. Auf der Insel Kos herrschte der Ausnahmezustand. Das ehemalige Hotel „Captain Elias“ ist für mich ein Synonym für die Überforderung im Umgang mit Geflüchteten.

Ich habe diesen Ort im Jahr 2016 besucht. Zu dem Zeitpunkt war das Gebäude bereits geräumt, die Aufräumarbeiten waren in der Anfangsphase. Einige Stunden lang habe ich diesen Ort auf mich wirken lassen. Hier haben also sehr viele Menschen „gelebt“, die auf Hilfe gewartet haben. Unvorstellbar.

Ein Gefühl der Ohnmacht, der Wut und der Hilflosigkeit machte mir damals zu schaffen. Wenn ich mir die Bilder heute anschaue, geht es mir wieder ähnlich.

Das Captain Elias ist jetzt geräumt. Auf der Insel Kos. Wie viele „Captain Elias`“mag es wohl in anderen Teilen der Welt geben?

 

Hotel Captain Elias
Das Hotel Captain Elias ist ein geschlossenes und baufälliges Hotel in Kos Stadt. Im Sommer 2015 waren dort über 1000 Flüchtlinge untergebracht. Das Hotel ist für 200 Personen ausgelegt. Die Geflüchteten kamen aus der Türkei über das Meer nach Kos.
Kalymnos_ClaudiaKonerding (26 von 27)
„Ein Kongolese weicht seiner 16 jährigen Schwester nicht von der Seite, die hinter ihm im Zelt liegt. Wie mag das nachts sein, mit so vielen Männern unterschiedlichster Herkunft, im Dunkeln, in einem Bereich um den sich die Behörden nicht kümmern?“ Westdeutsche Zeitung 26.08.15
Kalymnos_ClaudiaKonerding (25 von 27)
Im Yachthafen von Kos wenige Kilometer entfernt hängt ein Plakat: Bootsbesitzer können eine Massage bestellen.“Wir kommen gern an Bord“. Westdeutsche Zeitung 26.08.15
Kalymnos_ClaudiaKonerding (24 von 27)
Der Frühstücksraum, an dessen Wänden verblichene Ansichten von Dörfern mit Meerblick hängen, ist dicht mit Matratzen belegt. Die Flüchtlinge haben sich getrennt nach Herkunftsländern hingelegt.
Kalymnos_ClaudiaKonerding (23 von 27)
„Captain Elias ist das erste Bild, das die Ankommenden bekommen. Sie flohen vor dem Bürgerkrieg, jetzt sitzen sie in einem stinkenden Drecksloch“. Die Zeit 2015/24
Kalymnos_ClaudiaKonerding (22 von 27)
Vor ein paar Tagen wurden die Toiletten repariert, jetzt teilen sich mehr als 200 Bewohner zwei WC´s.
Kalymnos_ClaudiaKonerding (21 von 27)
Bassam, Flüchtling aus Syrien: „Jeder muss 1000 € oder mehr für ein Gummiboot in an der türkischen Küste bezahlen. Die Schwimmwesten mussten wir uns selbst besorgen, sie hängen dort in Läden wie anderswo T Shirts“. Westdeutsche Zeitung 26.08.15
Kalymnos_ClaudiaKonerding (20 von 27)
Sie landeten im Captain Elias, weil Fatima nicht irgendwo auf dem Feld schlafen wollte. Sie konnten ein paar Matratzen auf dem Dach ergattern. Fatima, Abdollah und die anderen sind nicht verwöhnt, aber die Zustände dort, in diesem Hotel zur Dritten Welt, machen ihnen Angst. Spiegel Online, 22.08.15
Kalymnos_ClaudiaKonerding (18 von 27)
„Im Camp gab es Unruhen zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen. Es gab viele Verletzte, einige von Ihnen schwer. Die Helfer konnten unverletzt dem Chaos entkommen, lediglich die Heckscheibe des Autos einer Helferin ging zu Bruch“. 23.08.15, Michael Goldhahn, Gründer der Hilfsorganisation Flying Help
Kalymnos_ClaudiaKonerding (16 von 27)
„Zudem sind sie möglichen Angriffen ausgesetzt, die seit einigen Wochen von bisher nicht identifizierbaren Gruppen auf Migranten in Kos verübt werden. Es ist einfach nicht sicher als Geflüchteter auf der Strasse zu leben“. Ärzte ohne Grenzen 11.09.15
Kalymnos_ClaudiaKonerding (14 von 27)
„Die Bewohner von Kos allerdings bemühten sich nach Kräften, den Flüchtlingen zu helfen – trotz der Wirtschaftskrise im eigenen Land“ sagt Bürgermeister Jorgos Kiritsis. Frankfurter Neue Presse 27.08.15
Kalymnos_ClaudiaKonerding (13 von 27)
„Ein syrischer Mann hat zu mir gesagt: ‚We feel here like animals.‘ Ich habe ihn in den Arm genommen und gesagt: Er ist kein Tier, er ist ein Mensch.“ Mike Goldhahn, Flying Help, Interview Mittelbayerische Zeitung 05.09.2015
Kalymnos_ClaudiaKonerding (12 von 27)
Und doch bleibt es für die Menschen ein Ort der Hoffnung. Hoffnung auf eine bessere Zukunft. „Captain Elias ist das Lager der Armen“, sagt der 22 jährige Ulan Mustafa aus Pakistan. Die Zeit 2015/24
Kalymnos_ClaudiaKonerding (9 von 27)
„Ich verstehe die Politiker nicht, die jetzt den Familiennachzug streichen, abschaffen – keine Ahnung – hier sind so viele Frauen, Kinder, Kleinkinder und Babies.“ Svenja, Volunteer aus Köln

Schuhe und Medizin

Schuhe und Medizin

Gestern haben sich sieben Paar Herrenschuhe und ein Rucksack auf den Weg nach Kalymnos gemacht. Ganz herzlichen Dank an die Spenderinnen und Spender!

Für einen Geflüchteten aus Afghanistan haben wir 300 € gespendet, damit er sein lebenswichtiges Medikament gegen Hepatitis erhält.

Eine schöne Adventszeit wünschen wir!

 

Eine traurige Nachricht aus der Ägäis

Eine traurige Nachricht aus der Ägäis

Es ist wieder passiert. Ein Boot mit Flüchtlingen verunglückte am 03. November 2017 in der Ägäis. Die untenstehenden Zeilen habe ich aus Kalmynos bekommen. Danke dafür, liebe Saskia.

Unser ganz großer Dank geht auch an Antonis vom Hotel Villa Melina. Wir wissen, wie sehr er und seine Familie unter den Umständen von 2015/2016 gelitten haben. Respekt und ebenfalls ein großes Dankeschön an all die freiwilligen Helfer und Helferinnen vor Ort. Sie haben in der Vergangenheit Unglaubliches geleistet und sind nun wieder mit dem Elend konfrontiert worden. Sie bleiben nicht sitzen. Sie stehen auf und helfen, weil sie es als selbstverständlich betrachten.

Hier die Nachricht von Saskia:

Es gab erneut einen Schiffsbruch eines Bootes mit Flüchtlingen. Die Helfer erinnern sich traurig an die ähnliche Situation vor zwei Jahren. Ich habe die Menschen heute im Hotel in Pothia, der Villa Melina, besucht. Der Herbergsvater Adoni lässt sich zitieren: Er hat gehofft, dass so etwas nie wieder passieren werde. Aber leider vergebens. Er sagt, eigentlich hatte er darum gebeten, keine Schiffsbrüchigen mehr aufzunehmen. Weil es zu traurig ist. Zu betrübend. Aber er hat es doch getan. Wie viele Mensche hier immer wieder freiwillig und ohne jegliche finanzielle Unterstützung helfen.

So auch meine Freundin Despoina:

Kalymnos, November 3, 2017 03:45 morgens. Das Telefon klingelt. Schiffsbruch…

Ein Wort aufgeladen mit Erinnerungen an Tot und ein Wunsch, der nicht wahrgeworden ist „Niemals wieder“. Die gleiche Geschichte. Ein morsches Holzboot gefüllt mit 25 Seelen sank in der Ägäis zwischen Pserimos und Kalolimnos (Nachbarinseln von Kalymnos). 14 Überlebende, eine tote Frau, 10 vermisste. Eine so kranke Welt. Sie sind nicht unter den Lebenden, sie werden nicht unter den Toten begraben werden. Tragische Geschichten hinter den Zahlen.

Der junge zehn Jahre alte Ibrahim, der seine Mutter ertrinken sah, fand sich selbst im Morgengrauen in einem fremden Land, kalt und nass im Hafen von Kalymnos. Die Mutter von zwei zehnjährigen Jungen, die zu sehr geschockt ist, um um ihren Ehemann zu weinen, den sie gerade verloren hat. Der frisch verheiratete Ehemann, der weint, weil er gerade seine Braut verloren hat…

Und wir (die Unterstützungsgruppe für Flüchtlinge und Einwanderer von Kalymnos) sind da. Wir setzten ein trauriges Lächeln auf und gaben was auch immer wir hatten. Eine stille Umarmung… einen kleinen warmen Tee… einen Teller Essen… trockene Anziehsachen… nur das. ÖFFNET DIE VERDAMMTEN GRENZEN.

Leider wahr, es gibt sie noch immer: die Flüchtlingsdramen in der Ägäis, zwischen Europa und der arabischen Welt. Ist es so verwerflich, Familien nachziehen zu lassen? Töchter und Söhne mit ihren Eltern zu vereinen? Gemeinsam leben zu lassen? Steht Menschen, die alles verloren haben, deren Häuser in Schutt und Asche stehen, nicht ein neuer Lebensort zu? Wer entscheidet wer einen Ort zum leben hat und wer nur einen Ort zum sterben?

 

 

Das Netzwerk der Solidaritätsgruppen der Inseln in der Dodekanes über Todesfälle von Flüchtlingen

Das Netzwerk der Solidaritätsgruppen der Inseln in der Dodekanes über Todesfälle von Flüchtlingen

Lange haben wir nichts berichtet über die aktuelle Lage der Geflüchteten auf Kos und Kalymnos. Das hat seinen Grund, scheinbar ist es seit einigen Monaten ruhig. Es kommen zwar nicht mehr so viele Menschen über das Meer, wie in 2015 und 2016. Dennoch ist die Situation für die Geflüchteten auf den Inseln in der Ägäis alles andere als gut.

Wir sind in ständigem Kontakt mit den Volunteers auf Kos und Kalymnos. Außerdem tauschen wir uns regelmäßig mit den Organisationen flying help und signal of solidarity aus Bremen aus. Beide Gruppen leisten unglaublich viel ehrenamtliche Arbeit. Unter anderem auch in Serbien und Frankreich.

Hier ein Bericht, den wir von einer Bekannten bekommen haben, die auf Kalymnos lebt. Sie hat den Text aus dem Griechischen übersetzt. Die Quelle findet man unter dem Text.Lieben Dank an Saskia für Ihre Mühe!

Das Netzwerk der Solidaritätsgruppen der Inseln in der Dodekanes über Todesfälle von Flüchtlingen
Die Todesfälle von Flüchtlingen in den Camps des Landes nehmen zu: Nur in den letzten zehn Tage geschahen folgende Vorfälle (zehn Tage im Januar 2017):
21.01.2017: Tod eines Flüchtlings in einem Camp in Moria. Der arme Flüchtling versuchte sich in seinem Zelt auf Lesbos aufzuwärmen.
25.01.2017: Auf Samos wurde ein toter Mann aus dem Irak kurdischer Herkunft gefunden. Am selben Tag fanden vier Selbstmordversuche im Eingangs- und Registrierungzentrum der Insel statt.
27.01.2017: Im Camp für Flüchtlinge und Migranten in Moria wurde die Leiche eines 45-jährigen syrischen Migranten gefunden.
28.01.2017: Ein 46-jähriger syrischer Flüchtling wurde tot in seinem Zelt in Moria gefunden, bislang aus unbekannten Gründen.
28.01.2017: Ein nur zwei Monate altes Baby wurde in das Krankenhaus von Chalkida (Stadt nördlich von Athen) gebracht. Das Baby hatte gesundheitliche Probleme und war in den letzten Tagen im Flüchtlingslager in Ritsona, Euböa (Flüchtlingslager in der Nähe von Chalkida), untergebracht.
30.01.2017: Ein zwanzig Jahre alter Pakistani wurde tot im Camp in Moria gefunden. Die Leiche des Flüchtlings wurde zur Autopsie in das Krankenhaus von Mytilini (Lesbos) gebracht.
Dies sind keine zufälligen Ereignisse. Sie hängen zusammen mit der Gleichgültigkeit des Staates. Die Opfer sind einige von tausenden von Menschen, die Griechenland und die Festung Europa an Orten einschließt, die an Müllhalden erinnern. Unter tierischen Bedingungen von sibirischer Kälte, ohne Essen, ohne Trinkwasser, ohne medizinische Versorgung. Obwohl sie große Fonds hatten, obwohl sie erklärten „kein Flüchtling wurde in der Kälte stehen gelassen“, von den Hot Spots auf Kos und Leros, über die unakzeptablen Bedingungen in Moria (Lesbos) und Souda (Kreta), bis hin zu den Schlachthäusern von Dropis (Rhodos), die Lebensbedingungen dieser Menschen sind kriminell. Zur gleichen Zeit wird die Unterkunft für Flüchtlinge auf Tilos (Insel südlich von Kos) geschlossen, sie erklären der Weg der Flüchtlinge führe über andere Inseln der Dodekanes. Zudem führen sie die Unterscheidung zwischen >>Wirtschaftsmigranten<< und >>legalen Flüchtlingen<< fort.
All das aus dem heiligen Grund: nicht den touristischen Ruf des Landes zu schädigen! Wahrlich, wissen sie wie viele tausende von Besuchern der Inseln uns Spenden für die Flüchtlinge gegeben haben? Zur gleichen Zeit gehen die Abschiebungen in die >>sichere Türkei<< zügig weiter. Kriminelle Abschiebungen, die in den meisten Fällen Synonyme für den Tod sind. Der mittlere Osten ist keine sichere Gegend, dorthin bedeuten die Abschiebungen sehr häufig ein Leben in gefängnisartigen Zuständen.
Der Staat, die europäischen und internationalen Institutionen für Flüchtlingsangelegenheiten setzen die Menschenrechte außer Kraft und agieren kriminell gegen Leben und Menschenwürde. […]
Wir, die wir nicht übereinstimmen mit diesem Verbrechen und die wir moderne Camps als zeitgenössische Konzentrationslager ansehen, Unterstützen vollständig das echte Beispiel von Solidarität, welches sich dem Rassismus wiedersetzt, welches sich einsetzt für offene Schulen, welches das kleine Geld was man über hat anbietet, welches von einer Welt der Würde für alle träumt. […]
Die Solidaritätsgruppen der Inseln in der Dodekanes
(Rhodos, Kos, Leros, Tilos, Chalkida, Kalymnos, Nisiros)
Veröffentlicht am 02.02.2017 auf dem Nachrichtenblog für Kalymnos kalymnosola.com.
Übersetzt von Saskia Ahlmer.

 

Murtaza braucht Hilfe

Murtaza ist ein junger Mann aus Afghanistan.

Er hat auf der Flucht einige Geschwister und seine Eltern verloren. Sie sind ertrunken, und er ist mit zwei überlebenden Geschwistern auf Kalymnos gestrandet.  Alle wurden und werden auf Kalymnos von den freiwilligen Helfern betreut.

Murtaza hat 2 Jahre lang ein Wirtschaftsstudium in Afghanistan gemacht, bevor er fliehen musste. Jetzt ist er auf der Suche nach einem Job. Irgendeinem Job! Das würde ihm helfen, Asyl zu bekommen und seine Familie wieder zu vereinen. Murtaza möchte in Deutschland studieren. Jede Hilfe, und sei es ein Gespräch oder gemeinsame Aktivitäten, wäre großartig für Murtaza. Er möchte die deutsche Sprache lernen.

Murtaza ist zur Zeit in 57482 Wenden in einer Flüchtlingsunterkunft untergebracht.

Ich gebe den Kontakt zu Murtaza nach einer PN gerne weiter.

 

 

 

 

Faiza und die Flucht

Faiza

 

Faiza und die Flucht

Dies ist die Geschichte von Faiza und ihren drei Kindern. Sie mussten aus Syrien fliehen und landeten auf der griechischen Insel Kalymnos, unweit von Kos in der Ägäis.

An einem Tag im April 2016 treffe ich mich mit Faiza und ihrer jüngsten Tochter. Sie möchten mir ihre Geschichte erzählen.
Auf der Insel Kalymnos gibt es einen Brauch. In der Woche vor Ostern beginnen die Einheimischen, in den Bergen Dynamit zu sprengen. Dies ist eine Tradition, um das Osterfest einzuleiten.

Plötzlich ein lauter Knall, wir zucken alle zusammen. Ich schaue meine Begleiter sorgenvoll an, sie zucken mit den Schultern und sagen: „In Syrien passiert das jeden Tag. Wenn man auf den Markt geht, muss man sich beeilen. Sonst kann es sein, dass man durch eine Autobombe stirbt“.

Am 01 März2016 macht sich Faiza mit ihren zwei Töchtern und ihrem Sohn auf den Weg von Qamishle über den Irak in die Türkei. Die Stadt Qamishle liegt im Norden von Syrien an der Grenze zur Türkei. An der syrisch-türkischen Grenze wird vom türkischen Militär auf die Flüchtlinge geschossen. Deshalb muss die Familie über den benachbarten Irak flüchten.

In Syrien wartet Faiza mit einer Gruppe von Flüchtlingen in einem Haus auf einen Schlepper. Eines nachts kommt er und sagt: „Rennt“! Sie rennen zwei Stunden lang.
Die Kinder sind oft laut. Dann geben die Schlepper ihnen Medizin zum Ruhigstellen. Einige Flüchtlinge müssen die Flucht unterbrechen, weil die Kinder nicht aufhören zu schreien.
Um vier Uhr morgens kommt die Gruppe nach Kurdistan, wo sie zwei Tage warten müssen. Der Schlepper findet einen Weg über die Berge. Es ist ein sehr schwerer und harter Weg, der 16 Stunden lang durch Flüsse und über Berge dauert.

Ich sehe den 6 jährigen Sohn von Faiza vor mir und habe Bilder im Kopf. Ein schmales, hübsches Kind kämpft sich 16 Stunden lang durch die Berge, überquert Flüsse. Und warum? Weil der kürzere und weniger beschwerliche Weg in die Freiheit in den Tod führen würde.

In der Türkei angekommen, wird die Gruppe von einem Schlepper zum anderen gebracht. Die Flucht durch die Türkei kostet pro Person 750 €.
Mit einem Bus werden Faiza und die anderen nach Izmir gebracht. Dies dauert insgesamt 30 Stunden. In Izmir sind sie 15 Tage lang.
Auf die Frage, wie es ihnen in der Türkei erging, hatte Faiza nur diese Antwort: „Schlimm“.

Sie senkt den Blick, starrt verloren und traurig auf den Tisch.

Die Familie findet einen Schlepper, der sie nach Griechenland bringt. Der Deal: 1400 € pro Person, kleine Kinder zahlen die Hälfte.
Zwei Tage warten sie in Bodrum auf die Überfahrt.
Während dieser Zeit wohnt die Familie unter guten Bedingungen bei Einheimischen in Bodrum. Dort verlassen sich nicht das Haus, aus Angst von der Polizei aufgegriffen zu werden.
Zwei Tage müssen sie warten, dann kann Faiza mit ihren Kindern und 16 anderen Menschen in ein Boot steigen.

Der Schlepper sagt, dass es in Griechenland Hilfsorganisationen gibt und dass sie dort in Sicherheit sein werden.
Es sind 9 Frauen und Kinder in einer winzigen Kajüte untergebracht. Die mitfahrenden Männer sind an Deck untergebracht. Faiza zeigt auf den Tisch um mir zu zeigen, wie klein die Kabine war. „Dort kauerten wir und fuhren eine Stunde über das Meer“.

Ich versuche, mir das vorzustellen. Der Tisch, an dem wir sitzen, ist in etwa so groß wie eine normale Wohnungstür. Allein bei dem Gedanken daran bekomme ich Platzangst.

Die Gruppe landet einer Insel, Name unbekannt. Es ist nur griechisches Militär dort. Der Schlepper entkommt mit einem Jetski, er ist zu schnell für die Soldaten.
Die erschöpften Flüchtlinge werden nach Kalymnos gebracht.

Am 01 April 2016 erreichen sie Kalymnos, am 02. April 2016 werden sie dort registriert.
Die Menschen werden durchsucht, die Pässe werden ihnen abgenommen.
Die Pässe werden kontrolliert, um auszuschließen dass Terroristen unter den Flüchtlingen sind. Anschließend bekommt Faiza alles zurück.
Im Anschluss werden sie in die Flüchtlingsunterkunft gebracht und dort von der Gruppe der freiwilligen Helfer_innen mit Essen, Kleidung und allem Notwendigen versorgt.

Ich frage Faiza nun, welches ihre momentanen Probleme sind. Sie sagt, dass es auf Kalymnos keine Probleme gibt. Die Polizei würde sie und die anderen Flüchtlinge gut behandeln. Allerdings musste sie noch einmal reisen, um auf Rhodos Asyl zu beantragen. Die Erfahrung auf Rhodos hat ihr zugesetzt. Ich frage, ob sie mir davon erzählen möchte. Ein selbstbewusstes und lautes „Yes“ ist die Antwort.

In Begleitung von zwei freundlichen Polizisten werden Faiza mit ihrer jüngsten Tochter (15) und dem Sohn (6) nach Rhodos gebracht.
In Rhodos angekommen, warten andere Polizisten auf sie und sie werden in ein Gefängnis gebracht.
Die anderen Polizisten fahren zurück nach Kalymnos. Ihre Telefone und alles andere wird ihnen abgenommen. Ein Grund dafür wird ihnen nicht genannt.

Faiza und die Kinder bekommen nichts zum Essen. Sie treffen andere Flüchtlinge, die ihnen etwas geben. Sie werden wie Kriminelle behandelt. Es gibt kein Bett, alle müssen auf dem Boden schlafen, auf alten Teppichen. Es ist schmutzig, es gibt kein Wasser. Sie liegen draußen neben den Mülleimern, ohne Dach unter freiem Himmel. Keine Decken, kein Sonnenschutz, kein Regenschutz, nichts.
Der kleine Sohn wird krank, er hat Magen – und Rückenschmerzen. Die hygienischen Zustände sind sehr schlecht. Weil es keine Wasserhähne gibt, müssen einige Frauen das Wasser für die Babymilch aus der Toilette nehmen.
Faiza´s Tochter hat sehr viel Angst, auch vor den anderen Gefangenen. Faiza sagt:„Wir waren im selben Gefängnis untergebracht, wie die Kriminellen“.
Ohne Nahrung und Wasser warten sie auf die Formalitäten. Fünf Tage lang.
Faiza erzählt: „Als sie uns zur Registrierung brachten, mussten wir Erwachsene Handschellen anlegen“.
Es ist nichts organisiert, es gibt keinen Übersetzer. Die Polizisten schreien die Kinder an, damit sie ruhig sind.
Fünf Tage lang kann die Familie sich nicht waschen, so gut wie nichts
essen und trinken.
Sie sind alle glücklich, als sie nach Kalymnos zurückkehren dürfen.

Ich frage Faiza, wohin sie nun mit ihren Kinder reisen möchte. Was sie sich von ihrem neuen Leben erhofft.
Sie sagt: „Nach Deutschland, weil mein Mann seit sieben Monaten in Köln ist.“

Sie zeigt mir ein Dokument auf ihrem Smartphone. Ihr Mann hat es ihr geschickt und sie weiß nicht, was es zu bedeuten hat. Ich erkläre ihr, dass dies eine Aufenthaltsgenehmigung ist. Faiza lächelt. Meine letzte Frage lautet, was sie sich für die Zukunft wünscht.
Sie möchte, dass die Familie wieder zusammen ist. Die Kinder sollen ihre Ausbildung und die Schule beenden.
Die Frau möchte ihren Mann sehen, sie wollen wieder eine Familie sein und in Ruhe zusammen in einem Haus leben.

Es sind die bescheidenen Wünsche einer Frau, die viel Leid erfahren musste.
Faiza setzt alle ihre Hoffnungen auf Deutschland. Dieses Land, das sie noch nicht kennt und in dem ihr Ehemann jetzt ist.

Zuletzt ist ihr eins noch wichtig:
Sie wollen den Leuten in Deutschland sagen, dass sie Angela Merkel lieben. Viele Syrer benennen ihre Kinder nach ihr. „She is like a mother for us“….

Wir geben ab!

Wir geben ab!

Die Bremer Flüchtlingshelfer Gruppe Signal of Solidarity war bereits auf Lesbos, in Idomeni und mehrmals in Calais im Einsatz. Jetzt wollen wir sie für ihren kommenden Einsatz in Idomeni unterstützen und geben eine Geldspende für ihre Arbeit. Außerdem ist ein Paket mit Hygieneartikeln unterwegs nach Bremen. Wir wünschen allen tollen Helfer/innen viel Erfolg für ihren Einsatz!

Die freiwilligen Helfer/innen auf Kalymnos

Die freiwilligen Helfer/innen auf Kalymnos

Die Immigrant and Refugee Support Group Kalymnos leistet seit dem vergangenen Jahr großartige Arbeit! Hier stellen wir einige von ihnen vor.

Ich habe sie gefragt, wie sie sich mit der momentanen Situation fühlen und was sie denken. Hier die Ergebnisse. Herzlichen Dank an alle! Thank you so much, friends! ευχαριστώ! Είμαι πολύ περήφανος για σένα!

 

Lay_Portraits_RZ_kor02_1 - Kopie - KopieLay_Portraits_RZ_kor02_2 - Kopie - KopieLay_Portraits_RZ_kor02_3 - Kopie - KopieLay_Portraits_RZ_kor02_4 - Kopie - KopieLay_Portraits_RZ_kor02_5 - Kopie - KopieLay_Portraits_RZ_kor02_6 - KopieLay_Portraits_RZ_kor02_7 - KopieLay_Portraits_RZ_korrPopi

Demo in Kalymnos

Demo in Kalymnos

Am vergangenen Wochenende hat die Gruppe Immigrant and Refugee Support in Kalymnos eine Demo veranstaltet. Sie wollte ein Zeichen setzen: NEIN zum Krieg, NEIN zum Abkommen mit der Türkei! Die Gruppe zog vom Hafen zur Unterkunft, in der momentan ca. 15 Flüchtlinge aus Syrien untergebracht sind. Ein Reporter vom örtlichen TV war auch da.A61A5068A61A5078A61A5081A61A5082A61A5085A61A5092A61A5095A61A5105A61A5117A61A5122A61A5128A61A5133A61A5139A61A5141A61A5147A61A5151A61A5154A61A5155A61A5157A61A5159

Erlebnisse auf Kalymnos im April 2016

Erlebnisse auf Kalymnos im April 2016

Aufgrund technischer Probleme, konnte ich den Blog nicht aus Griechenland pflegen.

Wieder zurück in Berlin, möchte ich nun von meinem Aufenthalt auf Kalymnos berichten.

Auf der Insel leben derzeit 15 syrische Flüchtlinge. Zwei Familien und einige junge Männer. Die Menschen leben in der Unterkunft in der Nähe des Stadtstrandes in Pothia, und werden von der Gruppe Immigrant and Refugee Support Kalymnos betreut.

Den Flüchtlingen geht es den Umständen entsptechend gut. Sie werden gut versorgt und betreut. Die Unterkünfte von UNHCR stehen z.Zt. leer.

Dank der gesammelten Spendengelder konnte ich wieder einiges bewirken. Nun gibt es einen Wäschetrockner, der die Arbeit der Gruppe erleichtern soll. Für die Kinder in der Flüchtlingsunterkunft habe ich einen Fussball für die Jungs und schöne Armbänder für die Mädchen besorgt. Für das Wochenende habe ich alle mit Leckereien versorgt.

Es war sehr schön für mich zu sehen, wie sich das Spendenlager entwickelt hat. Im letzten Jahr bin ich angefangen es aufzubauen. Nun ist es komplett gefüllt mit Spenden aller Art, sehr gut organisiert und immer auf den neuesten Stand gebracht. Es fehlt momentan nur Sommerkleidung.

Da die politische Lage sich geändert hat, kommen nicht mehr so viele Flüchtlinge über das Meer. Das ist einerseits gut für die griechischen Inseln. Anderereits hat sich die Situation der Menschen, die jeden Tag die gefährliche Flucht auf sich nehmen, nicht geändert. Die aktuelle Fluchtroute führt u.a. über den Irak und ist sehr gefährlich.

Mithilfe eines Übersetzers konnte ich ein Interview mit einer Frau und einem Mann aus Syrien führen. Dieses werde ich bald hier veröffentlichen.

Die Situation der Helfer/innen hat sich ebenfalls geändert. Sie werden nun kontrolliert und müssen ihre Personalien und Fotos an die Behörden geben. Das fühlt sich für viele von ihnen nicht gut an. Ich habe einige von Ihnen portraitiert und sie gefragt, wie es ihnen im Moment geht. Diese Fotos mit den passenden Statements gibt es bald hier zu sehen.

Die Flüchtlinge in der Unterkunft werden rund um die Uhr von Polizisten bewacht. Da die Polizisten auf Kalymnos wirklich sehr in Ordnung sind, kümmern sie sich ebenfalls um die Flüchtlinge. So hat z.B. einer von ihnen eine große Musikanlage samt Keyboard zur Verfügung gestellt, damit die Kinder DJ spielen können. Die Playstation folgte am nächsten Tag.

Aktuell müssen Flüchtlinge, die in Griechenland Asyl beantragen wollen, nach Rhodos oder Athen fahren. Der Hot Spot auf Kos soll in diesen Tagen fertig gestellt werden. Davon ist seit einigen Monaten die Rede. Solange die Menschen noch kein Asyl beantragt haben, sind sie illegal in Griechenland. Das bedeutet für sie, dass sie ins Gefängnis gebracht werden und dort auf die Beantragung auf Asyl warten müssen. Im Gefängnis warten sie meistens einige Tage, oft sogar Wochen. Im Gefängnis sind sie dann eben „Gefangene“ und leben unter schlechten Bedingungen. Auch Frauen und Kinder….